Auckland – Der künstlich erzeugte Schmelztiegel des Nordens, Teil 1

Ich habe bereits einige Dinge, die Auckland betreffen, hier im Blog angesprochen, aber ich denke, es wird Zeit für eine Zusammenfassung: Was hat es mit dieser Stadt auf sich? Kann man dort gut leben, wie sieht es dort aus, lohnt sich ein Ausflug oder darf es sich gar in die Liste der Städte einreihen, die viele Menschen als „Weltstadt“ bezeichnen würden?

Die Stadt besitzt momentan (Info von Wikipedia) ungefähr 1,4 Millionen Einwohner, was selbst für deutsche Verhältnisse – schließlich haben wir auch recht kleine Großstädte im internationalen Vergleich – gerade so als Großstadt zu bezeichnen ist. Dabei wurde auch kräftigst geschummelt, denn es gab vor 3 Jahren eine Verwaltungsreform, die die umliegenden Kleinstädte und Peripheriegebiete mit in Auckland eingemeindet hat (genau wie in Berlin 1920). Davor hatte die Stadt ohne Agglomeration gerade einmal 420.000 Einwohner, und dennoch war sie schon davor die größte Stadt Neuseelands. Dieser „Betrug“ ist auch für jedermann, der Auckland länger als einen Tag betritt, einwandfrei nachvollziehbar: Begibt man sich auf einen der im Stadtgebiet herausragenden erloschenen Vulkane und schaut sich das Stadtgebiet von oben an, wird man feststellen, dass es außer dem Central Business District (CBD) eigentlich nur eine riesige Siedlung von Einfamilienhäusern mit gelegentlichen Gewerbe- und Einkaufsflächen darstellt. Besonders auffällig wird das nachts, denn man wird außerhalb des CBD und der angrenzenden Stadtteile nahezu keine Menschen auf den Straßen finden.

Im CBD befinden sich fast ausschließlich Gewerbeeinrichtungen (Gastronomie, Einkaufsmeilen, Hotels, Hochhäuser von Großbanken und Finanzkonzernen usw.), ansonsten gibt es einige wenige Wohnungen, wobei viele ausschließlich für Touristen und/oder Studenten errichtet wurden. Dort spielt sich auch fast das gesamte gesellschaftliche Leben der Stadt ab, was zu einer enormen Ballung von Menschen führt, die in anderen Großstädten eher über die Stadtgebiete verteilt ist. Zum ÖPNV habe ich bereits alles geschrieben, aber um noch mal kurz auf die hier fahrenden Busse zurückzukommen: Ich habe gestern eine Haltestelle gefunden, an der unglaubliche 23 (!) Buslinien halten. Dies lässt nur einen Schluss zu: Ich glaube, das Bussystem wurde künstlich aufgebläht, um ein weiteres Mal den Eindruck einer echten Großstadt zu vermitteln. Es wirkt zwar so, dass man angeblich überall hinkäme, aber eigentlich sind viele der Buslinien einfach nur unnötig und man kommt eben nicht überall hin, zumindest nicht in angemessener Zeit, da Verspätungen hier gefühlt zum guten Ton gehören – auch bei der „S-Bahn“, die es hier gibt.

Ich lebe jetzt seit bald anderthalb Monaten hier, und weder ich noch andere Gäste in diesem Land können sich des Eindrucks erwehren, dass (zumindest) die Innenstadt in asiatischer Hand ist. Es gibt mehr chinesische/japanische/thailändische/malaysische Restaurants als Schnellkostbuden und Gaststätten mit heimischem Speiseangebot, viele der Banken hier haben Leuchtreklame, welche nur chinesische Schriftzeichen zeigt und manche Etablissements sind mir als Nicht-Asiate sprachtechnisch leider völlig verschlossen. Dies liegt einerseits an der sehr offenen Aufnahmepolitik des Landes für Work & Travel-Reisende (Übrigens gibt bzw. gab es den Begriff „Work & Travel“ im Englischen ursprünglich so gar nicht. Einem amerikanischer Praktikant in meinem Unternehmen musste ich den Begriff erstmal erklären…), Studenten und Praktikanten, aber auch für Auswanderungswillige. Viele Asiaten (insbesondere Chinesen und Malaien) möchten, dass ihre Kinder an einer Universität in einem Land der westlichen Welt ausgebildet werden, und auf Grund der geringen Entfernung fällt die Wahl sehr oft auf Australien oder Neuseeland. Meistens zieht die Familie auf Grund des höheren Wohlstands hier gleich mit um, wie man das in Europa auch kennt. Ich weiß noch nicht, wie das Ganze im Rest des Landes, besonders der Südinsel, aussieht, aber hier in Auckland ist man als Nicht-Asiate schlicht und einfach in der Unterzahl. Das soll nicht negativ klingen, aber ab und an erschlägt es einen doch! 😉

Der Stadtrat scheint zumindest in der Innenstadt keinerlei Wert auf Sauberkeit zu legen. Die Straßen und Gassen sind voll mit weggeworfenem Unrat, der Bürgersteig ist übersät mit hässlichen Flecken und so manches Gebäude sieht aus, als würde es jeden Moment in sich zusammenfallen. Es scheint außerhalb der Queen Street, der bedeutendsten Flaniermeile der Stadt, keinerlei Reinigung zu geben und wenn, dann nur sehr sporadisch. Ich bin wirklich niemand bei dem alles blitzblank glänzen muss und der von Berlin auch einiges gewohnt ist, aber das hier hinterlässt wirklich einen derbe schlechten Eindruck und ich verstehe, warum viele meiner Arbeitskollegen den CBD selten bzw. nie betreten. Immerhin ist die Luft (wahrscheinlich dank der Meerlage) recht sauber, auch wenn einige Chinesen hier Atemschutzmasken tragen, was meines Erachtens hart lächerlich ist.

Die Stadt selbst hat architektonisch und Sehenswürdigkeiten betreffend kaum etwas zu bieten, der Sky Tower ist zwar die Ikone der Stadt, er nimmt sich aber nicht viel im Vergleich mit anderen Fernseh-/Rundfunk-/Wasweißichtürmen. Einzig die Aussicht von den erloschenen Vulkanen lohnt sich immer, da man nahezu das gesamte Stadtgebiet und in der Ferne die Gebirge sehen kann. Es gibt noch einige wenige Aktivitäten wie den Auckland Bridge Climb/Bungee Jump, die aber teuer und nicht übermäßig spektakulär sind.

Etwas zum Nachtleben am Wochenende, da ich gestern das erste Mal etwas länger zu später Stunde unterwegs war: Männer haben dann definitiv ihre Freude, denn es gibt viel zu gucken. Nach amerikanischem Vorbild gelten folgende Kleidungskonventionen für Frauen, die abends feiern/ausgehen möchten:

  • Oberteil: Blazer/Top/Kleid, nichts dickes, bevorzugt mit tiefem Ausschnitt.
  • Unterteil: Minirock oder kurzes Kleid. Strumpfhosen und alles was bis zu oder über die Knie geht, sind tabu! Nackte Beine sind Pflicht.
  • Schuhe: High Heels, High Heels und…High Heels.

Alles nicht so besonders? Naja, wenn ehrlich geschätzt 98 % aller Damen so herumlaufen, macht das schon was aus. Dass vielen das teilweise überhaupt nicht steht, stört sie (leider) nicht. Aber zu gucken hat man als Kerl immer etwas! Für eben jene gilt übrigens das Folgende:

  • Oberteil: Hemd, meist himmelblau oder T-Shirts mit modischem Aufdruck. Pullover sind nicht gerne gesehen.
  • Hose: Beliebig, Hauptsache ist gepflegt.
  • Schuhe: Beliebig, bevorzugt Herrenschuhe.

In viele Clubs und Bars wird man als Kerl ohne Hemd nicht hereingelassen, ohne Witz. Man hat auch das Gefühl, dass fast alle Leute sich zum Ausgehen in einer derartige Einheitskleidung pressen. Wenn es auch noch eine alternative Szene hier in Auckland gibt, so ist diese dermaßen unsichtbar, dass man wirklich Kontakte haben muss. Ansonsten bleibt einem nur, sich mit den Massen zu Vergnügen oder halt diese zu meiden.

Teil 2 folgt in wenigen Tagen.

2 thoughts on “Auckland – Der künstlich erzeugte Schmelztiegel des Nordens, Teil 1

  1. nebun

    Wie immer ein äußerst amüsanter und unterhaltsamer Eintrag.
    Ich liebe deinen sarkastisch-analytischen schreib/erzähl stil 😉

    Musst unbedingt erzählen wie das in einem dieser Clubs ist, wenn du mal einen betreten solltest, das mit der “Einheitskleidung” klingt auf der einen Seite echt amüsant, auf der anderen aber auch echt … naja … ich denke “Provinzhaft” trifft es am ehesten.

    Forsche mal wegen der alternativen Szene, das kann doch nicht wirklich so schlimm sein wie Dragonforce geflucht haben… 😀

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    1. henning Post author

      Hey, danke dir. Ja, ich werde wohl bald mal einen Backpacker-Studentenclub aufsuchen, der mir von dem Amerikaner, der in meinem Unternehmen auch ein Praktikant war, empfohlen würde. Man darf gespannt sein!

      Ich glaube, die Jungs von DF hatten recht 😀 Aber etwas Zeit zum Erkunden habe ich noch.

      Reply

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