Hat man einmal damit angefangen, sich ein bisschen außerhalb von Neuseelands größtem Ballungszentrum herumzutreiben, bekommt man schnell Lust auf mehr, da Auckland an sich nicht all zu viel zu bieten hat, wie ich bereits in früheren Beiträgen erwähnt habe. Die Wahl für meinen nächsten Ausflug fiel dank meines dänischen Mitpraktikanten in der Firma auf die Bay of Plenty, wobei es sich um die Küsten- und Vorderlandschaft im mittleren Norden der Nordinsel (klingt etwas komisch, stimmt aber so) von Neuseeland handelt. Den Namen hat, wie an so vielen Orten hier, der britischer Entdeckerkapitän James Cook vergeben, nachdem er hier problemlos seine Vorräte auffüllen konnte und befand, dass die Gegend sehr schön sei – was unter anderem dem Fakt geschuldet sein dürfte, dass diese Region zu den sonnigsten im ganzen Land gehört.
Da ich dieses Mal niemanden hatte, der verfügbar gewesen wäre, um mich zu begleiten, habe ich ein paar Aushänge in den zentrumsnahen Hostels gemacht und bekam zwei Tage vor Ausflugsbeginn eine Nachricht von einem Herrn aus Hamburg: Fabian ist ein klasse Reisebegleiter, danke an dieser Stelle! Mit dem Mietwagen machten wir uns auf ins ferne Tauranga, eine Hafenstadt am westlichen Rand der Bay of Plenty (BoP). Unterwegs kommt man an Paeroa vorbei, dem Heimatort meiner geliebten L&P-Limonade. Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen, unsere erste Pause am L&P-Café zu machen – auch wenn die Lokalität nicht wirklich spannend ist; man kann Handtücher, Tassen usw. mit dem L&P-Logo kaufen…exzessives Marketing des Coca-Cola-Konzerns, mehr steckt nicht dahinter. Die Fahrt dauerte gute dreieinhalb Stunden, und auf der Stadtautobahn von Tauranga angekommen, fiel uns sogleich ein Berg (entschuldigt die miese Qualität, das war abends von Tauranga aus aufgenommen) auf, von dem ich schon flüchtig im Lonely Planet-Reiseführer Notiz genommen hatte. Wie sich herausstellte, ist Mt Maunganui, die Kleinstadt welche direkt an Tauranga grenzt, um ein vielfaches schicker als die industriell geprägte Hafenstadt, wobei der Motuau als Endpunkt der kleinen Halbinsel besonders hervorsticht. Wir waren auch hellauf begeistert vom Strand, der genau die richtige Größe hat und nicht überfüllt ist. Ganz im Sinne des Bergfiebers wollte ich diesen überdimensionalen Maulwurfshügel sofort erklimmen, und das hat sich gelohnt: Unter anderem konnte man auf Matakana Island, welche von Mt Maunganui aus nur mit dem Boot (oder Flugzeug) zu erreichen ist und die Stadt selbst blicken – was wir einen Tag später in der Nacht wiederholt haben! Eine echte Überraschung erwartete uns beim Abstieg von der ersten Besteigung am Nachmittag: Zwei Orca-Wale (leider keine Bilder, ich war zu langsam und meine Kamera taugt nichts) schwommen, irgendwo von Taurangas Hafen kommend, Richtung Mt Maunganuis Strand! Alle Leute sind vom Berg heruntergestürmt um diese fabelhaften Lebewesen zu beobachten, und alter Schwede, die beiden Viecher haben sich tatsächlich bis auf gute 30 Meter dem Strand genähert! Ein Spektakel, welches man so nicht alle Tage sieht. An eben jenem Wochenende war überigens der anschließende Montag der neuseeländische Tag der Arbeit (im Gegensatz zu einem Großteil aller Länder der Welt findet dieser hier nicht am 1. Mai, sondern im Oktober statt), was – logischerweise – einen ungeheuren Ansturm an Menschen zur Folge haben musste. Intelligenterweise habe ich bei diesem Ausflug erstmalig KEIN Hostel im Voraus gebucht, da ich davon ausging, dass bei zwei aneinanderliegenden Städten schon irgendetwas herumkommen würde. Falsch gedacht, denn wir mussten die Nacht im Auto auf einem öffentlichen Parkplatz am Hafen verbringen. Zu allem Überfluss spielte in einer Bar nebenan noch eine Liveband, welche unglaublich laut war und wir froren uns den Arsch ab, da keiner ahnen kann, dass die Temperaturen an jenem Abend um ca. 12 °C sinken würden.
Beim ersten Sonnenstrahl erhoben wir uns in aller Eile, um es endlich wieder warm zu haben. Gesagt, getankt, einen Tee geklärt – und um nicht gleich Langeweile aufkommen zu lassen, haben wir uns auf den Weg zu den Omenawa Falls gemacht, ein recht unbekannte, aber schnieker Wasserfall, welcher sich 30 Minuten südlich von Tauranga befindet. Leider gab es keine Möglichkeit, (sicher) in das Tal des Wasserfalls zu kommen. Das Ganze wirkt bei der richtigen Sonneneinstrahlung wie ein kleines Paradies, welches abgeschottet vom Rest der Welt ist…leider kommt das auf einem Foto deutlich schlechter herüber. Anschließend sind wir einfach noch etwas durch die Gegend gedüst und fanden ein Flussbett, dessen gigantisches Steinbett ein bisschen Kletterei erlaubte und uns dadurch etwas Bewegung verschaffte. Nach einer Weile fand ich dann den entsprechenden Damm, der dem Fluss seine Kraft raubt – viel mehr gab es dann aber nicht mehr zu sehen. Am frühen Nachmittag wollten wir sicherstellen, dass wir diese Nacht ein Bett haben, welches wir am Vortag bereits über die in Neuseelands Orten typischen i-Sites (Informationszentren) hatten reservieren lassen. Die Pacific Coast Lodge, so der Name des Hostels, gehörte zu den beiden schlechten Hostelerfahrungen, die ich hier bisher gemacht habe. Zwar waren die Sanitäranlagen verhältnismäßig sauber, aber unglaublich freche Internetpreise sowie Extrakosten für Bettdecken lassen die Laune schnell in den Keller sinken. Dazu kam, dass ca. 20 Personen zur der Zeit im Hostel untergebracht waren, von denen 19 Deutsche waren, die natürlich auf der Terasse sitzen, laut darüber quatschen was Massiv doch für ein krasser Rapper ist und nebenbei deutschsprachige Musik am Laufen haben. Ja, ich weiß, ich bin so gesehen selbst einer von ihnen, aber das geht mir einfach auf die Nerven, wenn ich in ein so weit entferntes Land fliege, da ich neue, nicht deutschsprachige Menschen kennenlernen will und nicht drei weitere Typen aus Freiburg, Stuttgart und Köln (mal exemplarisch). Die Küche war ein ziemliches durcheinander und zu guter Letzt (wofür das Hostel aber nichts kann) hatten wir einen ziemlich ätzenden Mitbewohner auf dem Zimmer und nur ein sehr spärliches Abendbrot zu Verfügung. Den restlichen Tag haben wir in einer mediterranen Gaststätte (unglaublich leckeres Falafel mit Humus, Reis und Gemüse!) und am Strand verbracht, an dem ich mir dezent die Ohren verbrannt habe.
Der eigentliche Höhepunkt des Ausflugs war aber meine von Anfang an geplante Bootsfahrt zur „Weißen Insel“; hinter dem Namen verbirgt sich der einzige aktive, sich im Meer/Ozean befindende Vulkan Neuseelands. Die Firma White Island Explorer bietet eine fünfstündige Tour zu dieser Urgewalt an, natürlich auf eigene Gefahr und für viel Geld. Dennoch, das wollte ich mir nicht nehmen lassen! Ausgangspunkt dafür ist Whakatane, eine kleinere Küstenstadt eine Stunde östlich von Tauranga/Mt Maunganui. Mit dem kleineren Boot des Anbieters machten wir uns auf die Socken, vorbei an einer Statue, welche eine Frau aus einer lokalen Maori-Legende darstellt, bis wir nach ca. 90 Minuten die Insel erreichten. Allein der Landeplatz macht einen wilden, desolaten Eindruck – wir wurden mit dem Schlauchboot an Land gebracht, von dem aus man zunächst nur karges, totes Land erblicken konnte. Unsere beiden Führer erklären und erzählten viel, während wir uns auf den Weg gen Krater machten. Es handelt sich übrigens nicht um einen „normalen“ Vulkan mit schwarzem Gestein und Lavasee, sondern um eine andere, sehr gashaltige Form, der bei Ausbruch statt Lava lieber mit Magmabomben schießt, die bei Kontakt mit abgekühlter Luft wie Splittergranaten explodieren. Ein Abenteuer sondergleichen, da man nie genau weiß, wann das Teil ausbricht und wann nicht, trotz aller Messungen. An der Stelle greift wahrscheinlich ein Liebling der YOLO-Generation: No risk, no fun! Zusätzlich zu den Sicherheitshelmen haben wir aus Gasmasken bekommen, die auch bitter nötig sind, wenn man nicht einen Hustenanfall nach dem Nächsten erleiden möchte. In voller Montur sah das Ganze dann so aus, hier mit meiner Wenigkeit im Bild. Einige Minuten später erreichten wir den Krater, den man laut unseren Führern wohl nur selten dermaßen gut sehen kann. Die Flüssigkeit im Krater sprengt wohl angeblich die pH-Skala so krass, dass Batteriesäure dagegen als Babyöl genutzt werden kann. Puh! Von einem kleinen Hügel aus konnte man den Ostteil der Insel gut überblicken – es ist fast so, als wäre man an einem gänzlich anderen Ort als der Erde. Auf dem Rückweg zur Landestelle durften wir noch aus zwei Bächen kosten, wobei das eine Wasser einen sehr starten Blutgeschmack hatte (wegen des hohen Eisenanteils); der andere hingegen schmeckte wie Zitrone und war nur 2 (!) m entfernt. Natur ist schon eine spannende Sache! Die Tour schloss mit einem Gang durch die Ruine der alten Schwefelverarbeitungsanlage, welches für über 50 Jahre auf der Insel abgebaut wurde. Es scheiterte letztendlich daran, dass der Abbau einfach nicht ertragsreich genug war (und einmal wurde alles und jeder bei einem Ausbruch eingeäschert).
Und wieder drei Tage weg, aber mit jeder Menge neuen Eindrücken. Dieses Land hat so unglaublich viel zu bieten, und das ist gerade einmal die Nordinsel! Der nächste Eintrag führt uns nach Raglan und Waitomo an der Westküste ein ganzes Stück südlich von Auckland, seid gespannt!