Mitte Dezember wollte ich ein letztes Mal die Gelegenheit nutzen, noch während meiner Arbeit einen weiteren Ausflug in einen mir noch unbekannten Teil dieses faszinierenden Landes zu machen – angespornt durch unsere beiden liebenswürdigen, niederländischen Agenturpraktikantinnen (ich bin mit einer Agentur hierher gekommen, Empfehlung an der Stelle: Nur für Praktikum empfehlenswert! Bei normalem „Work & Travel“ reicht ein Hinflugticket, Selbstständigkeit und etwas Kenntnis über behördliche Angelegenheiten völlig aus) ist meine Wahl auf die entfernte Ostküste der Nordinsel gefallen.
Dieses Mal musste nicht lange nach einem Ausflugspartner suchen, da ich knappe drei Wochen zuvor meine Freundin kennengelernt habe. Ein Großteil der in diesem Beitrag verwendeten Fotos stammt von ihr, da sie im Gegensatz zu mir eine anständige Kamera besitzt. 😉 Wir haben uns vier Tage Zeit genommen, allerdings hat das fast nicht ausgereicht, da die Wegstrecken doch enorm sind. Statt der von mir veranschlagen 6 Stunden haben wir ein bisschen mehr als 8 Stunden von Auckland zur Maraehako Bay, einer von vielen wunderschönen Buchten am östlichen Ende der Bay of Plenty, welche schließlich die „inoffizielle“ Region East Cape übergeht. Da die Maori-Kultur in diesem Teil Neuseelands sehr stark ist, spiegelt sich dies auch in den Orten der Region wider. So gibt es z. B. faszinierende Schnitzereien wie diese, hier an einem Schultor in einem Dorf namens Torere. Gut versteckt irgendwo in der eben genannten Bucht lag unsere Unterkunft, das Maraehako Bay Retreat – ein von einem Maori selbst zusammen gezimmertes Hostel, welches mit seinem Charme fast schon mit der Karioi Lodge aus Raglan mithalten kann! Außer uns befanden sich allerdings nur zwei Mitarbeiter und zwei deutsche Mädels aus Hamburg dort, dementsprechend war es sehr ruhig. Es gibt kostenlose Kajaks, schlüssellose, hübsch eingerichtete Doppelzimmer und ein sehr ansprechende Terrasse, welche etwas größer ist, als man hier sieht und welche auch mit einem Grill und einem Sprudelbecken (Whirlpool) aufwarten kann. Über die kostenlosen Kajaks haben wir uns dann auch zugleich hergemacht und sind ans andere Ende der Bucht gepaddelt, leider ohne Kamera – dort gab es ein paar natürliche Höhlen und Felstunnel. Nach dem Abendessen ging es noch in der Dunkelheit an den Strand, wo wir ein paar abenteuerliche Kletterpartien bestreiten mussten und Krebse sahen, die sich wohl durch meine Taschenlampe geblendet gefühlt haben.
Am Tag darauf erwartete uns eine weitere, längere Autofahrt zu der entlegenen Tokumaru Bay, wo ich das nächste Hostel gebucht hatte. Weiter vorbei an der fantastischen Küstenlandschaft landet man irgendwann in einem Örtchen mit dem Namen Te Araroa, welches außer drei Straßen, einem kleinen Laden sowie einer einzigen Benzinpumpe ausgestorben wirkt. Interessant war allerdings der älteste Pohutukawa-Baum Neuseelands, ein massives Gehölz, dessen Größe sich im Vergleich mit meinem Auto am Besten erfassen lässt. Später in Taupo habe ich von einem Mädel aus Niedersachsen noch erfahren, dass man in Te Araroa sehr spannende WWOOFING-Aufenthalte (= (Farm-)Arbeit für Essen und Unterkunft) bei den örtlichen Maori-Familien erleben kann, wenn man Glück hat…leider habe ich (zumindest momentan) nicht die Möglichkeit dazu. Weiter ging es zum eigentlichen East Cape, ein Leuchtturm am „östlichen Ende der Welt“, den wir nach ca. 20 Kilometern Schotterpiste erreichten – na, fast, es war noch ein zwanzigminütiger Treppenaufstieg zu bewältigen. Wenn man den Eiffelturm aber einmal durch hat, stellt das selbstverständlich kein Problem mehr dar! Von dort aus kann man, vorausgesetzt man kommt zur richtigen Zeit, den ersten Sonnenauf- oder –untergang der Welt sehen, da es kein Land gibt, welches auf östlicher Seite näher an der Datumsgrenze liegt…oder aber man genießt einfach die Aussicht im Allgemeinen. Stunden und einige spektakuläre Bergtäler später erreichten wir schließlich Tokumaru Bay, ein Ort, der nicht viel mehr Lebensimpulse aussendet als zuvor Te Araroa. Schnell stellten wir jedoch fest, dass dem Hostel mit seiner Lage und Bauweise ein ganz besonderer Charme zu Grunde liegt. Dieses nette Kabuff war unsere Schlafstatt, und der Ausblick ist auch nicht zu verachten! Eine nette Holzterrasse plus das angenehme, gemischte Publikum verursachten in mir fast wehleidige Gefühle, dass wir nicht länger bleiben konnten. Nach einem leckeren Nudelgericht in der einzigen Taverne (die sich gute vier Kilometer vom „Ortskern“ entfernt befindet) liefen wir noch weiter zum alten Landesteg, der in seiner Abgeschiedenheit und Länge schon fast etwas mystisch-verlorenes an sich hat. Man merkt diesem Teil des Landes an, dass dort Geld und Arbeit nicht im Überfluss vorhanden sind: Viele Maori leben unter sehr ärmlichen Bedingungen hier – mir wurde später berichtet, dass „ärmlich“ hierbei bedeuten kann: Schäbiges Haus mit einem einzigen Raum plus Küche in einer Wellblechhütte, gewaschen wird im Fluss nebenan. Ja, da prallen Welten aufeinander, wenn man einige Kilometer weiter schmucke Häuser sieht, in denen (angeblich) ebenfalls Maori leben. Ein sehr schöner Ort, leider mit nur wenig Arbeit und Perspektiven für die Einheimischen.
Unser dritter und letzter Stopp hieß Gisborne, kurz „Gizzy“ – die einzige größere Stadt an der Nordostküste. Die eigentlichen Attraktionen lauern jedoch nicht in der – doch äußerst schönen – Stadt, sondern auf dem Weg dahin bzw. in der unmittelbaren Region. Nordöstlich der Stadt, in einem „Ort“ (es gibt nur 5 Häuser oder so…) namens Tatapouri, gibt es einen Veranstalter, der ein ganz besonderes Spektakel anbietet: In einem Riff, welches sich unmittelbar vor dem Strand in Tatapouri befindet, lebt eine ganze Ansammlung von Meerestieren, insbesondere Rochen. Diese können hier, und auf den Kaiman-Inseln, als einzige Orte der Welt, mit der eigenen Hand gefüttert werden! So zogen wir uns Anglerhosen an, nahmen Gandalf-Zauberstabimitate in die Hand (na, eigentlich waren es nur Holzstecken, damit man in diesen Hosen nicht so schnell hinfällt) und liefen einen durch den Führer vorbestimmten Weg durch das Riff, bis wir zu einem schwimmendem Eimer kamen, welcher im Wasser mit einer Kette befestigt war. Nach ein wenig Hintergrundinformationen zu diesen faszinierenden Tierchen kamen recht bald auch die ersten Langstachelrochen angeschwommen und umkreisten uns neugierig. Sie wussten, dass wir Essen für sie bedeuten (also generell, nicht wir sind das Essen ;)) und auch so waren die Viecher echt zahm! Eine kleine Demonstration, und dann waren wir selbst an der Reihe – es ist recht simpel, man hält ein Fischstück unter ihr Maul und erlebt dann Staubsaugeraction, denn sie saugen ihr Futter in ihr Maul. Uns wurde auch von ungefähr doppelt so großen Kurzstachelrochen erzählt, die sich wohl nur selten blicken lassen würden…und siehe da, einige Minuten später kam tatsächlich einer! Dieses Tier ist wirklich ehrfurchtgebietend, aber zum Glück harmlos, auch wenn es unserem Führer das Bein ganz schön hochgekrochen ist. Auch dieses nette Geschöpf bekam ein paar Leckerbissen, dann war das Ganze nach gut einer Stunde auch schon wieder vorbei. Um den Tag noch zu komplettieren, haben wir uns gleich auf den Weg zur i-Site der Stadt gemacht, nachdem wir uns erfolgreich in unser Hostel, einem ehemaligem Nonnenwohnheim, eingenistet hatten. Dort besorgten wir uns zwei Luftmatratzen mit Henkeln zum Festhalten, und das aus einem ganz speziellen Grund! Eine halbe Stunde westlich von Gisborne gibt es nämlich die Rere Falls, ein eher unspektakulären Wasserfall, dahinter befindet sich jedoch die Rere Rockslide: Eine natürliche Felsrutsche, die das Fließen des Flusses in ein mäßig tiefes Becken beendet. Man könnte fast glauben, die Natur hätte gewollt, dass man hier Spaß hat: Bis auf ein paar blaue Flecken ist das Rutschen hier vollkommen ungefährlich und kann einen Heidenspaß machen! Und aus irgendeinem Grund hat noch niemand die Rutsche kommerzialisiert, einzig und allein ein Auto wird benötigt, um hier her zu kommen. Ansonsten mussten wir an jenem Tag auch noch mein Auto mit Kabelbindern „reparieren“, es ist halt nicht mehr das Jüngste…aber auch das war letztendlich kein Problem.
Der letzte Tag war lediglich für die elendig lange Rückfahrt nach Auckland gedacht, ich habe es aber doch noch geschafft, das Zorbing mit einzubringen, um die tägliche Dosis Adrenalin geltend zu machen. Was das ist, könnt ihr auf www.zorb.com nachschauen – genug Text für heute!