Wir leben im digitalen Zeitalter. Wir können alles Mögliche im Internet kaufen, Inhalte anfordern, uns mit Gleichgesinnten austauschen und auch mit den Freunden aus Übersee, die man beim letzten Neuseelandaufenthalt kennengelernt hat, Kontakt halten. Letzteres wird in der Regel über Facebook und Instagram stattfinden – Angebote, die vermeintlich kostenlos sind, wobei dann aber unklar wäre, wie man die Unmengen an z. B. Servern, die dafür nötig sind, finanziert. Die Antwort ist natürlich: Man bezahlt mit seinen Daten. Im 21. Jahrhundert ist der Benutzer das Produkt, und die Mehrheit aller Technologie-Unternehmensneugründungen schlägt in genau diese Kerbe.
Da das hier ein Neuseelandblog ist, führe ich das obengenannte nicht weiter aus, da gibt es bessere Quellen. Für potenzielle Reisende, die länger hier sind oder gar Auswanderer kann es jedoch ganz interessant sein, sich mit dem Datenschutz und der Privatsphäre in Aotearoa auseinanderzusetzen. Wir Deutschen (sowie überwiegend auch Österreicher und Schweizer) gehören zu den Menschen, die am kritischsten mit persönlichen Daten umgehen, trotz aller deutschen Facebook- und Googlenutzer. Daher haben wir eines der besten Datenschutzgesetze der Welt und Unternehmen innerhalb Deutschlands brauchen für allerhand Dinge erst unsere Erlaubnis, wenn es um unsere Daten geht. Dass das leider nicht überall so ist, wissen wir natürlich. Aber wie denken die Menschen im fernen Südpazifik, inmitten von Ozean und östlich von Australien eigentlich darüber? Schauen wir uns mal ein paar Daten dazu an.
Ausgerechnet ein IT-Konzern namens EMC, der sich auf Cloud Computing spezialisiert hat, erstellte letztes Jahr ein Datenschutzindex – basierend auf Aussagen von 15.000 Personen aus 15 Ländern weltweit (darunter Australien und Neuseeland, zusammengefasst als „Australia/NZ“). Der Index gibt dabei „die Bereitschaft, Bequemlichkeit gegen weniger Datenschutz einzutauschen“ an – sehr gut wie ich finde, da genau das der Knackpunkt bei den meisten Menschen ist, wenn es um dieses Thema geht. Zuerst begutachten wir die Hauptrangliste: Dabei machen Australia/NZ mit Platz 11 von 15 – je höher in der Rangliste, desto eher sind Bürger bereit, ihre Daten für Bequemlichkeit aufzugeben – eine erstaunlich gute Figur und teilen sich die 39 %-Marke, die auch Kanada, das Vereinigte Königreich und die Niederlande aufweisen. Noch spannender sind die Details: Nur 15 % der Befragten ist bereit, die oben genannten Abstriche zu machen, es herrscht (angeblich) generell ein großes Misstrauen, und 50 % der Befragten haben bereits eine Datenschutzverletzung erlebt, unternahmen aber danach nichts gegen die Ursache.
Mich würde wirklich interessieren, was für Leute dort befragt wurden. In meinen ungefähr zweieinhalb Jahren im Land habe ich folgende Beobachtungen gemacht: 1) Leute ohne Facebook-Konto sind eher die Ausnahme, 2) Smartphone-Apps aller Art werden ohne Hinterfragen installiert und genutzt, und 3) Kiwis geben bereitwillig Namen und Adresse heraus, sobald sie danach gefragt werden. Das muss natürlich nicht repräsentativ sein: Ich kenne keine Unmengen an Einheimischen, aber diese Dinge bekommt man in der Öffentlichkeit (Einkaufszentren, Gaststätten, Geschäfte) doch recht schnell, auch bei Fremden, mit. Ist der gemeine Kiwi also insgeheim besorgt um seine Daten, zeigt es aber nicht in der Öffentlichkeit? Das ist schwer zu glauben.
Zu einem Ergebnis mit anderem Fokus kommt übrigens eine (wie ich finde wenig repräsentative) Umfrage des New Zealand Privacy Commissioners aus dem gleichen Jahr, in der sich auch einige aufschlussreiche Informationen finden lassen. Immerhin: 66 % der Befragten sind sehr besorgt, was ihre Kinder im Internet für Informationen hinterlassen und darüber, dass ihre Bank- oder Kreditkartendaten gestohlen werden könnten – das ist ein Anfang. Überwachung durch die eigene Regierung fürchten mit Recht gerade mal etwas mehr als die Häfte (52 %), aber: Nur 32 % sind generell besorgt über die Identifikation durch biometrische Daten – die Bekanntesten dürften Fingerabdrücke sein. Logisch, als Neuseeländer hat man damit eher weniger zutun, höchstens, wenn man „mates“ in den Staaten besucht. Mit der lockeren Lebensart, die viele Kiwis pflegen, denkt man natürlich nicht unbedingt an die Zeit in 20 Jahren, aber beim Thema biometrische Daten sollte jeder zweimal darüber nachdenken, wem er diese zur Verfügung stellt; wer sich dafür interessiert, kann sich einen augenöffnenden Artikel vom amerikanischen Sicherheitsexperten Bruce Schneier durchlesen. Und auch wenn sich dieses Essay größtenteils auf die Vereinigten Staaten bezieht: Der zweite Teil des Blogeintrags betrifft uns alle. Die Zeit bleibt nicht stehen.
Als Ausblick sei gesagt, dass ich in den zukünftigen Beiträgen dieser Reihe einige Einzelheiten niederschreiben werde, wie man in Neuseeland seine Daten bei sich behält und einem so wenig wie möglich Nachteile daraus entstehen. Grundsätzlich muss man auf mehr Bequemlichkeit als in Deutschland verzichten, aber an einigen Fronten steht es deutlich besser als in den anderen englischsprachigen Ländern, zumindest von dem, was man so im Netz mitkriegt. In der Hinsicht: Good on ya, New Zealand!